DDer Solarmodulhersteller Meyer Burger Technology AG folgt dem Lockruf des Fördergeldes und baut seine Produktion in den USA auf Vereinigte Staaten stark aus. Das Schweizer Unternehmen wird in Colorado Springs ein Werk für Hochleistungssolarzellen eröffnen. Es soll im vierten Quartal 2024 mit einer Anfangskapazität von 2 Gigawatt an den Start gehen und 350 Arbeitsplätze bieten. Ausschlaggebend für diesen Plan, den Meyer Burger am Montag bekanntgab, ist der „Inflation Reduction Act“ (IRA). Dabei handelt es sich um ein gewaltiges Subventionsprogramm, das unter anderem der Energiesicherheit und dem Klimaschutz dienen soll. Dies hatte das Unternehmen bereits dazu veranlasst, in Arizona eine Produktion für Solarmodule aufzubauen.
Im Mai hat die amerikanische Regierung beschlossen, die Herstellung lokaler Solarzellen stark zu fördern. Dies habe Meyer Burger zu der Investitionsentscheidung veranlasst, sagte Gunter Erfurt, der Vorstandsvorsitzende von Meyer Burger, in einer neuen Telefonkonferenz mit Journalisten. Erfurt bezifferte die öffentlichen Hilfen für das Projekt in Colorado über die nächsten neun Jahre auf insgesamt 1,8 Milliarden Dollar. „Die US-Regierung hat erkannt, dass man sich nicht zum Spielball chinesischer Lieferanten machen darf“, sagte der deutsche Manager mit Blick auf die marktbeherrschende Position chinesischer Anbieter im globalen Photovoltaikgeschäft.
Die Folgen für Ostdeutschland
Das deutlich erhöhte Ausbautempo in Übersee hat Folgen für die angekündigte Erweiterung der Solarzellenfabrik am Standort Thalheim in Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt). Die dort geplante zusätzliche Produktion sollte ursprünglich zur Weiterverarbeitung an die Solarmodulfabrik in Arizona geliefert werden. Doch dieser Plan ist jetzt obsolet. Vielmehr verschifft Meyer Burger die Produktionsmaschinen, die für den Werksausbau in Thalheim vorgesehen waren, jetzt nach Colorado, um dort umso schneller die neue Fabrik in Betrieb nehmen zu können. Außer in Bitterfeld-Wolfen betreiben die Schweizer noch ein Solarmodulwerk im sächsischen Freiberg. Keiner dieser beiden Standorte wurde geschlossen, versicherte Erfurt. Man bremse in Thalheim lediglich das weitere Wachstum.
Erst vor zehn Tagen hatte der EU-Innovationsfonds zugesagt, Meyer Burger 200 Millionen Euro Subventionen für den Ausbau seiner Photovoltaikproduktion in Deutschland und Spanien voraussichtlich 3,5 Gigawatt zu gewährleisten. Dieses Projekt komme obendrauf und habe mit dem neuen Vorhaben in Amerika nichts zu tun, sagte Erfurt. Man will auch nicht die eine Region gegen eine andere ausspielen. „Wir stehen zum Standort Europa und wollen hier unbedingt weiter wachsen, auch in Ostdeutschland“, versicherte Erfurt. Der europäische Photovoltaikmarkt bietet große Wachstumschancen, die hiesigen Anbieter bräuchten aber bessere Rahmenbedingungen. Für Erfurt ist es ein Unding, dass die mit Schleuderpreisen operierenden und aufgrund enormer staatlicher Hilfen von hohen Überkapazitäten geplagten chinesischen Wettbewerber in der EU keine Zölle für ihre Produkte zahlen müssten. Dagegen müssten die (wenigen verbliebenen) europäischen Modul- und Zellenhersteller Zölle auf alle Komponenten zahlen, die nicht in der EU erhältlich seien.
Steuergutschriften in Milliardenhöhe
Für das geplante Werk in Colorado erwartet Meyer Burger vom Produktionsbeginn 2024 bis zum Jahr 2032 kumulierte Steuergutschriften von bis zu 1,4 Milliarden Dollar. Das Besondere an diesen Gutschriften ist, dass sie nicht von etwaigen Gewinnen abhängen, sondern für produzierte Mengen gewährt werden. Darüber hinaus lassen sich die künftigen Forderungen verkaufen und damit anschließend monetarisieren. Darüber hinaus rechnet das Unternehmen mit Vorauszahlungen von Modulabnehmern sowie einem Darlehen des amerikanischen Energieministeriums in der Gesamthöhe von mehr als 300 Millionen Dollar. Die Stadt Colorado Springs und der Bundesstaat Colorado greifen Meyer Burger mit weiteren 90 Millionen Dollar unter die Arme in Form von Steuergutschriften, Direktzahlungen und vergünstigten Strom- und Wassertarifen. Nach Aussage von Vorstandschef Erfurt arbeitet Meyer Burger derzeit an weiteren großen Abnahmeverträgen mit Kunden in den Vereinigten Staaten. Daher prüfe man schon, die Produktion von Solarzellen und -modulen dort noch weiter hochzufahren.
Geschäftlich läuft es für die Schweizer momentan nicht rund. Für das erste Halbjahr 2023 erwartet das Unternehmen einen operativen Verlust (Ebitda) von rund 42 Millionen Franken. Für das Gesamtjahr wagt der Vorstand keine Prognose mehr. Das deutet darauf hin, dass das ursprüngliche Ziel, 2023 ein positives Betriebsergebnis zu erzielen, wohl verfehlt werden dürfte. Das vergangene Jahr hatte Meyer Burger bei Umsätzen von 147 Millionen Franken mit einem Betriebsverlust von fast 35 Millionen Franken und einem Nettoverlust von 70 Millionen Franken abgeschlossen.
Erfurt begründete die verschlechterte Geschäftslage mit dem Preisdruck aus China. Die dortigen Anbieter fluten den Markt mit Billigmodulen. „Das hat viel mit Exportstatistiken zu tun, die man damit aufhübscht“, sagte Erfurt. Auch Meyer Burger habe die Preise senken müssen. In der Folge sei man zu Wertberichtigungen in der Bilanz (unter anderem auf Lagerbeständen) gezwungen. Außerdem belasteten die zusätzlichen Kosten für den Aufbau der Solarzellenfabrik in Amerika das Ergebnis. Der Vertriebsvorstand Moritz Borgmann verlässt das Unternehmen, wie es heißt „aus persönlichen Gründen“.
Quelle:Wirtschaft – FAZ.NET