Aktionäre der Credit Suisse wollen den niedrigen Kaufpreis, den die UBS zahlen musste, nicht hinnehmen.
(Foto: Bloomberg)
Zürich Mehrere Anlegerschützer in der Schweiz wollen die Konditionen der staatlich verordneten Rettungsaktion für die Credit Suisse anfechten. Sie bereiten Klagen gegen die Sicht von Anlegeranwälten auf einen geringen Übernahmepreis von drei Milliarden Franken vor, den sterben UBS für die Credit Suisse im Zuge der Notübernahme Mitte März zahlte.
So sagt Philippe Grivat, Rechtsanwalt und Co-Gründer des Legal-Tech-Unternehmens Legalpass: „Wir sind der Meinung, dass der Übernahmepreis zu niedrig ist.“ Daher wolle das auf Massenverfahren spezialisierte Unternehmen das Umtauschverhältnis anfechten, zu dem Credit Suisse-Aktien in UBS-Aktien wurden verändert.
Für 22,48 Credit-Suisse-Aktien im Depot haben Investoren einen UBS-Anteilsschein erhalten. Dieses Verhältnis entspricht einem Preis pro Credit-Suisse-Aktie von knapp 80 Rappen – und damit einem Abschlag von über 60 Prozent auf den letzten Marktpreis Mitte März. Grivat erläuterte: „Es geht uns um eine finanzielle Entschädigung, nicht um zusätzliche Aktien.“ Auf eine solche Entschädigung wolle man die UBS verklagen.
Der Klage kann sich jeder anschließen, der am 19. März Aktionär der Credit Suisse war – unabhängig vom Wohnort. Legalpass vertritt nach eigenen Angaben auch Investoren aus Deutschland. Legalpass bündelt die Klagen, um eine größere Schlagkraft zu haben. „Für einen einzelnen Aktionär wäre es fast unmöglich, sich Gehör zu verschaffen“, sagt Grivat.
Legalpass arbeitet dafür mit der Kanzlei Baumgartner Mächler zusammen. Auch die einflussreichen Aktionärsvertreter der Ethos-Stiftung, die Interessen von Schweizer Profiinvestoren vertritt, unterstützen die Klage von Legalpass. Daneben sammelt auch der Schweizerische Anlegerschutzverein (SASV) Klagen betroffener Aktionäre. „Man habe eine hohe Anzahl von Anfragen erhalten und sei daher entschlossen, eine Klage zu koordinieren“, sagt Arik Röschke vom SASV.
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„Ziel ist es, für die Aktionäre der Credit Suisse eine Ausgleichszahlung in bar zu erstreiten, die dem Wert zwischen dem vom Fusionsvertrag festgesetzten und dem vom Gericht bestimmten Wert entspricht“, so Röschke.
Klage ist die einzige Chance auf einen Vergleich
Grivat sagt: „Es ist eine Sache zu behaupten, dass es keine Alternativen gab, eine andere, dies zu beweisen.“ Es sei nun an der UBS zu beweisen, dass die Credit Suisse ohne ihr Eingreifen kollabiert wäre und dass es keine Szenarien gab, bei denen die Aktionärsrechte gewahrt worden wären.
Die Schweizer Regierung setzte Mitte März auf das Notrecht, um die Übernahme der strauchelnden Credit Suisse durch die größte Schweizer Bank abzusichern. Dadurch musste der Deal nicht von den Aktionären der beiden Banken auf außerordentliche Hauptversammlungen angenommen werden. Dazu gehört die Vorlage eines ausführlichen Fusionsreports.
Alexander Herzog, Rechtsanwalt und Experte für Kapitalmarktrecht bei der Kanzlei Broich in Frankfurt, erläuterte mit Blick auf die Überprüfungsklage: „In diesem Verfahren wird die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses im Nachgang gerichtlich festgestellt.“ Fiel dieses zu niedrig aus, könnten Aktionäre auf eine Nachzahlung hoffen. „Diese Verfahren haben meines Erachtens eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit als die Klagen gegen die Finma bzw. den Schweizer Staat.“
Die Schweizer Finanzaufsicht Finma hatte im Zuge der Bankenrettung die Abschreibung bestimmter Nachranganleihen der Credit Suisse angeordnet. Investoren verloren 16 Milliarden Franken und klagten daher gegen den Schweizer Staat vor dem Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen.
Die Schweizer Regierung begründete die Beschneidung der Aktionärsrechte damit, dass bis zum Sonntagabend des 19. März eine Lösung hermusste, um eine weltweite Bankenkrise zu verhindern. Nun sagt Grivat: „Das Notrecht verhindert jedoch nicht, dass der Fusionspreis nachträglich von einem Gericht überprüft werden kann.“
Sammelklagen sieht das Schweizer Recht nicht vor. Eine Entscheidung in der Klage eines einzelnen Aktionärs nach dem Fusionsgesetz gelte unmittelbar für alle anderen Anteilseigner, so Grivat. Theoretisch können Investoren auch darauf hoffen, dass ein Kläger Erfolg hat, und die Ausgleichszahlung ohne eigene Kosten einstreichen.
Anbieter wie Legalpass oder der SASV werben jedoch damit, dass sie Vergleiche schließen können, für alle, die sich der Klage angeschlossen haben. „Sollte die UBS in unserem Verfahren einen Vergleich anbieten, stimmen alle teilnehmenden Aktionäre gemeinsam darüber ab, ob dieser angenommen werden soll“, erläuterte Röschke.
Die Kosten, um sich an einer Klage von Dienstleistern wie Legalpass zu beteiligen, betragen 15 Rappen pro Anteilsschein, für Großaktionäre auch weniger, mindestens jedoch 120 Franken. Die Kosten beim SASV stehen noch nicht fest. Anleger haben bis Anfang August Zeit zu entscheiden, ob sie sich einer Klage anschließen wollen.
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