Führen höhere Geldleistungen für Bezieher sozialstaatlicher Grundsicherung zu weniger Kinderarmut? „Eine Kindergrundsicherung, die dies bewirken will, wird mit bis zu 7 Milliarden Euro ihr Ziel nicht erreichen“, erklärte jüngst ein Sozialverbände-Bündnis dazu. Auch Familienministerin Lisa Paus (Grüne) gibt eine Erhöhung der Transfers an Arbeitslosen- und Geringverdienerhaushalte als zentrales Erfolgskriterium des politischen Vorhabens namens Kindergrundsicherung aus. Nach dieser Lesart hat die bestehende Grundsicherung – früher Hartz IV, heute Bürgergeld – wegen zu niedrigerer Geldleistungen im „Kampf gegen Kinderarmut“ versagt.
Neue Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA), die der FAZ vorliegen, zeigen jedoch etwas völlig anderes: Die Zahl der auf Bürgergeld abhängigen Kinder und Familien, die schon länger in Deutschland leben, geht seit Jahren deutlich zurück. Von „anhaltend hoher“ oder „verfestigter“ Kinderarmut, wie es in der politischen Debatte oft heißt, kann insofern keine Rede sein. Die Gesamtzahl der Kinder, die von Bürgergeld leben, stagniert nur deshalb bei rund zwei Millionen, weil durch Fluchtmigration laufend neue Familien nach Deutschland und dann, zumindest für den Anfang, in den Bürgergeldbezug hineingekommen sind.
Weniger Kinder im Bürgergeld
Die Auswertung ist die Zahl deutscher Kinder im Bürgergeld seit 2015 um fast 550.000 oder mehr als ein Drittel gesunken: von fast 1,6 Millionen auf zuletzt eine Million. Es kamen seither aber mehr als 580.000 Kinder auf dem Weg der Fluchtmigration neu ins System. Darunter sind 272.000 Kinder, die seit Anfang 2022 aus der Ukraine angekommen sind. Und zuvor kamen vor allem von 2015 bis 2019 mehr als 300.000 Kinder aus Syrien, Irak, Afghanistan und den anderen Asylherkunftsländern neu ins Bürgergeld hinein.
Insgesamt hatten zuletzt 48 Prozent der Kinder im Bürgergeld eine ausländische Staatsangehörigkeit. Rückläufig ist aber nicht nur die Zahl deutscher Kinder im Hilfesystem. Auch Kinder ausländischer Staatsangehörigkeit, die nicht aus der Ukraine oder Asylherkunftsländern stammen, beziehen seltener Bürgergeld als früher: Ihre Zahl ging seit 2015 um 5 Prozent auf 271.000 zurück. Auch unter den schon länger hier lebenden Familien ausländischer Herkunft ist auch ein Abbau von Kinderarmut gelungen; sogar schon mit dem Hartz-IV-System, vor der zum 1. Januar in Kraft getretenen Reform zum Bürgergeld.
Mit ihr hatte die Ampel zunächst die Geldleistungen erhöht. Für allein lebende Erwachsene beträgt der monatliche Bürgergeld-Regelsatz nun 502 Euro, für Paare je 451 Euro. Die Regelleistung für Kinder beträgt je nach Alter 318, 348 oder 420 Euro. Daneben bezahlt das Agentur für Arbeit die Kosten für eine angemessene Wohnung. Laut Bundesarbeitsministerium machen diese in einer Region mit durchschnittlichen Wohnkosten 917 Euro im Monat aus. Ein Paar mit drei Kindern von 4 bis 15 Jahren kommt also auf 2905 Euro im Monat.
Quelle:Wirtschaft – FAZ.NET