D„ie Produktion sei aktuell schon gut ausgelastet“, sagt Tobias Casel, Produktionsleiter beim hessischen Start-up Wingcopter. Doch bald könnten in der Halle bei Darmstadt noch weit mehr Drohnen vom Band laufen. Anfang Juni gab der junge Drohnenhersteller die Kooperation mit dem Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers bekannt, der mit zahlreichen Laboren in Entwicklungsländern zusammenarbeitet. Healthineers könnte das junge Unternehmen weit voranbringen. Das hofft zumindest der Geschäftsführer, Tom Plümmer. Außerdem biete die Kooperation die Chance, „Leben zu retten“.
Beide Unternehmen verfolgen die Vision, die Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern zu verbessern. „Es gehe vor allem um die Menschen in den ländlichen Regionen“, erklärt Stefan Assmann, der für Siemens Healthineers Start-up-Kooperationen entwickelt. Gemeinsam mit dem Drohnen-Start-up will der Konzern die medizinische Versorgung in Afrika und weiteren ärmeren Ländern verbessern, indem Blut- oder Gewebeproben per Drohne schneller und umweltfreundlicher in große Labore und Kliniken gebracht werden.
Um welchen ostafrikanischen Staat es in einem Pilotprojekt konkret geht, sei noch nicht endgültig entschieden, sagt Plümmer. Allerdings ist die Situation in den meisten entwicklungsschwachen Staaten ähnlich. Es gibt oft keine gute Infrastruktur aus Hausärzten, angeschlossenen Laboren und Apotheken. Vielmehr gibt es in vielen Dörfern eine sehr einfache medizinische Einrichtung, ähnlich einer Apotheke, in der lediglich einfache diagnostische Tests durchgeführt werden können. „Wenn es allerdings um Krankheiten wie zum Beispiel Diabetes geht, werden im Blut um die 30 Parameter untersucht. „Dafür braucht es ein professionelles Labor“, erklärt Assmann.
Bislang ist es meistens nicht möglich, dass die Proben schnell genug und gekühlt in die großen Labore kommen. „Viele der Blutproben werden über buckelige Straßen transportiert, ungekühlt und nicht richtig gelagert“, sagt Plümmer. In manchen Fällen sei das Gelände so unwegsam, dass die Proben gar zu Fuß mehrere Stunden bis zum nächsten Labor transportiert werden müssten. Vielfach würden sie während des Transports zerstört oder vertauscht, da kein zuverlässiges System zur Erfassung und organisierten Lieferung existiert. Patienten müssten dann teilweise mehrere Tage zu einer entsprechenden Klinik reisen – mitunter mitamt der ganzen Familie, erklärt Assmann. Plümmer berichtet außerdem von vielen Fällen, bei denen Frauen während der Entbindung verbluten, weil die Medikamente zum Stoppen der Blutungen nicht schnell genug zu den Kliniken kämen.
Diese Probleme wollen der Dax-Konzern und das Drohnen-Start-up nun angehen. „Unsere Idee war: Es reisen die Blutproben und nicht die Patienten. „Das gibt es bisher noch nirgendwo über solche Distanzen“, sagt Assmann. Der Konzern ist über seine Diagnostiksparte-Anbieter großer Analysemaschinen und hat den Bedarf für den Transportservice in ärmeren Ländern erkannt und sich dafür mit Wingcopter zusammengetan.
Quelle:Wirtschaft – FAZ.NET