Gbis 42 Grad – in Rom Stöhnen nicht nur Einheimische über die Rekordhitze dieses Sommers, sondern auch Touristen. „Wir sind fast den ganzen Tag in unserem Hotelzimmer mit Klimaanlage. Beim nächsten Italien-Urlaub suchen wir eine Unterkunft mit Pool“, berichtet etwa ein junges Paar aus dem englischen Devon nahe des Circus Maximus. Die Stadtbesichtigung dürfte sich die beiden im Vorfeld anders vorgestellt haben.
Eine Blitzumfrage unter Rom-Besuchern – nicht repräsentativ – ergibt ein gemischtes Bild. Eine New Yorkerin, die mit zwei Kindern und Ehemann unterwegs ist, fragt: „Wo ist das Problem?“ Auch zuhause sei es öfter heiß, in Rom könnte man sich an den vielen öffentlichen Brunnen cool fühlen. Eine verschwitzte Dame aus Paris kündigt hingegen an, das nächste Mal wohl im Herbst oder im Winter nach Rom zu kommen. Eine Belgierin berichtet über neue Touristen-Strategien: Sie sei morgens um 5.30 Uhr am Trevi-Brunnen gewesen – mit mindestens 70 anderen Besuchern. Und ein Taxifahrer freut sich: „Die Leute gehen jetzt weniger zu Fuß“.
Welche Folgen die steigenden Temperaturen für die ohnehin wärmeren Mittelmeerländer haben, ist Gegenstand heißer Debatten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat die Diskussion in diesen Tagen aus seinem Urlaub heraus noch angefeuert. Nach seiner Ankunft in Italien twitterte er: „Die Hitzewelle ist spektakulär hier. Wenn es so weitergeht, werden diese Urlaubsziele langfristig keine Zukunft haben.“ Der Klimawandel „zerstört“ Urlaubsziele im Süden Europas – „eine Ära geht zu Ende“.
Italien strebt Gästerekord an
Das hat die italienische Tourismusministerin Daniela Santanchè zu einer Gegenreaktion umgangen: Die Regierung arbeitet mit einem Plan für die Nachhaltigkeit des Tourismus an der Bewältigung des Klimawandels und sorgt dafür, „das italienische Tourismusangebot 365 Tage im Jahr einladend und nachhaltig zu gestalten“, wie sie in der FAZ schrieb. Der italienische Tourismusverband sprang ihr zur Seite: Man solle das Thema „anhand objektiver Daten analysieren, um seine Meinung zu untermauern“, teilte Giuseppe Ciminnisi mit, Präsident des Verbandes Fiavet.
Ob die aktuelle Hitze tatsächlich zu einem Rückschlag für den Tourismus führt, ist unklar. Der italienische Branchenverband erwartet in diesem Sommer 68 Millionen Touristen. Das bisherige Rekordjahr 2019 könnte übertroffen werden. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete indes, Daten der European Travel Commission zeigen, dass die Zahl der Menschen, die von Juni bis November nach Südeuropa reisen möchten, im Vergleich zum Vorjahr, als Hitze zu Dürren und Waldbränden führte, schon um 10 Prozent gesunken sei.
Hitzefolgen – oder liegt es an der Inflation?
Marktforschungsdaten für das Geschäft der deutschen Reiseveranstalter, die Reisen ins Ausland, vor allem ans Mittelmeer verkaufen, deuten dagegen darauf hin, dass ein Verfehlen der Kundenzahlen von 2019 einen anderen Grund als die Hitze haben könnte: die Inflation. Nach Preiserhöhungen soll der Wert aller bis Ende Mai eingegangenen Sommerbuchungen 3 Prozent höher als zum Vergleichszeitpunkt vor der Pandemie gelegen haben, dafür sorgt aber 21 Prozent weniger Urlauber. Dieser Trend zeigte sich schon zum Jahresbeginn, bevor die Hitze kam.
Quelle:Wirtschaft – FAZ.NET