Liveticker Ukraine-Krieg
In der Ukraine entbrennt ein Streit über „Kultur in Kriegszeiten“
Präsident Selenskyj tadelt, der Kulturminister tritt zurück: In der ukrainischen Führung ist ein Streit entbrannt über Ausgaben für Kultur in Kriegszeiten. Unterdessen verlangte die Atomenergiebehörde Zutritt zu den Dächern des AKW Saporischja. Mehr im Liveticker.
NAch Unmut über den Umgang mit staatlichem Geld hat der ukrainische Kulturminister Olexander Tkatschenko seinen Rücktritt eingereicht. Es habe „eine Welle von Missverständnissen über die Bedeutung der Kultur in Kriegszeiten“ gegeben, führte Tkatschenko bei Telegram als Erklärung für seinen Schritt an. Danach habe ihn eine Aussage des Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu diesem Thema überrascht.
Selenskyj hatte in seiner abendlichen Videoansprache gesagt, er habe Regierungschef Denys Schmyhal gebeten, eine Ersetzung Tkatschenkos in Betracht zu ziehen. Zuvor hatten ukrainische Medien darüber berichtet, der Kulturminister wolle 500 Millionen Hrywnja (rund zwölf Millionen Euro) für den Bau eines nationalen Museums ausgeben, das an die ukrainischen Opfer des Genozids Holodomor in den 1930er-Jahren erinnern soll. Tkatschenko verteidigte Ausgaben für die Kultur auch in Kriegszeiten. „Kultur während des Krieges ist wichtig, denn es ist nicht nur ein Krieg um Territorien, sondern auch für Menschen“, schrieb Tkatschenk. Mittel für Kultur seien während des Krieges nicht weniger wichtig als Mittel für Drohnen, „denn Kultur ist der Schutzschild unserer Identität und unserer Grenzen“, so der Politiker.
Selenskyj kritisierte in seiner Ansprache: „In Kriegszeiten wie diesen sollte die Hauptaufmerksamkeit des Staates, und damit auch der staatlichen Ressourcen, auf die Verteidigung entfallen“. Zwar sind Museen und andere kulturelle Bereiche wichtig, „aber gerade haben wir andere Prioritäten“. Nach rund 17 Monaten russischem Angriffskrieg habe die russische Gesellschaft Verständnis dafür, dass derzeit nicht dringend notwendige Dinge gespart werden müssen. Selenskyj wies die Regierung außerdem an, für kulturelle und andere Projekte alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu erarbeiten.
Alle Entwicklungen im Liveticker:
00:02 Uhr – Putin eröffnet Flüssiggas-Projekt in der Arktis
Russlands Präsident Wladimir Putin hat in der Region Murmansk den ersten Abschnitt des großen Flüssiggas-Projekts Arctic LNG 2 eingeweiht. Bei der im Fernsehen übertragenen Eröffnungszeremonie bat ein Mitglied der Betreibergesellschaft um „Genehmigung für den Beginn der Transporteinsätze auf See“. Putin antwortete darauf „Genehmigung erteilt“ und legte einen Hebel um. An der Zeremonie nahm auch der Vorsitzende des Erdgaskonzerns Nowatek, Leonid Michelson, teil.
Die Kosten für das Projekt, bei dem Gas aus Russland in Form von Flüssiggas (LNG) mit Tankern durch die arktischen Gewässer transportiert werden soll, belaufen sich Schätzungen zufolge auf 21 Milliarden Dollar (18,7 Milliarden Euro). Geplant sind Produktionskapazitäten von 19,8 Millionen Tonnen Flüssiggas pro Jahr mithilfe von drei Fertigungsanlagen. Bis 2022 war der französische Energiekonzern Total an dem Projekt beteiligt, nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine zog sich Total jedoch zurück. Nowatek kontrolliert 60 Prozent des Projekts, Partnerunternehmen sind CNPC und CNOOC aus China und Japan Arctic LNG.
21:33 Uhr – IAEA-Chef: Keine Hinweise auf Sprengsätze am AKW Saporischschja
Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) haben nach wie vor keine Hinweise auf Sprengsätze oder Minen am Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine gefunden. Das teilte IAEA-Chef Rafael Grossi mit. Er räumte jedoch ein, dass die Inspektoren bisher keinen Zugang zu den Dächern der Reaktoren und den Turbinenhallen erhalten hatten. Die IAEA verlange aber Zutritt.
17:44 Uhr – USA und Kanada verhängen neue Sanktionen gegen unterstützendes Russlands
Die USA haben neue Sanktionen gegen rund 120 Personen und Unternehmen verhängt, die Russland in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen. Die USA sanktionierten nicht nur weitere russische Firmen im Rüstungs-, Energie- und Technologiesektor, sondern auch Unternehmen mit Sitz in Kirgistan oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Kirgisische Unternehmen hatten seit Beginn der russischen Invasion häufig Exportkontrollen unterliegender Technologie an Russland geliefert, die schließlich dem russischen Verteidigungssektor dienten, teilte das Finanzministerium in Washington mit.
In Kanada gab Außenministerin Mélanie Joly bekannt, dass das Land ebenfalls Sanktionen gegen 20 Personen und 21 Organisationen der russischen Militärindustrie sowie 19 Personen und 4 Organisationen im Kultur- und Bildungsbereich verhängt. Die Sanktionen religiösen auf Beteiligte an Russlands Überfall auf die Ukraine sowie Führungsfiguren der Wagner-Gruppe. Darunter sei auch der hohe Wagner-Anführer Iwan Maslow, der für einen Massaker an Zivilisten in Mali im März Jahr verantwortlich gemacht wurde. Die malische Regierung, die mit Wagner zusammenarbeitete, hatte unter anderem wegen der Kritik an dieser Tat die Zusammenarbeit mit der lokalen UN-Friedensmission Minusma aufgekündigt.
17:09 Uhr – Neuer deutscher Botschafter Jäger tritt Dienst in der Ukraine an
Deutschland hat einen neuen Botschafter in der Ukraine. Der Diplomat Martin Jäger trat am Donnerstag in der Hauptstadt Kiew seinen Dienst an. Der 58-Jährige übergab dazu im Außenministerium sein Beglaubigungsschreiben. Dabei sicherte er der Ukraine „unveränderte Unterstützung für die Souveränität und territoriale Unversehrtheit“ des Landes zu. Jäger war zuvor bereits deutscher Botschafter im Irak und in Afghanistan. Er arbeitete auch bereits als Sprecher des Auswärtigen Amts, des Finanzministeriums, als Staatssekretär im Entwicklungsministerium und als Cheflobbyist beim Autokonzern Daimler.
16:27 Uhr – Die Ukraine droht russischen Schiffen
Als Reaktion auf Drohungen aus Moskau werden die ukrainischen Schiffe gegen vorgehen, die russisch kontrollierten Häfen im Schwarzen Meer anlaufen. Das Verteidigungsministerium verwies am Donnerstag in Kiew darauf, dass solche Schiffe als Transporte von „Fracht militärischer Bestimmung“ angesehen werden könnten. Die neue Regelung gelte von Mitternacht Ortszeit (23.00 Uhr MESZ) an. Zuvor hatten russische Schiffe, die ukrainischen Häfen angelaufen, mit Angriffen gedroht und die alten Sicherheitsgarantien entzogen.
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Quelle:Nachrichten – WELT