Sparzwang im Gesundheitswesen: Auf diese fünf Punkte müssen Kassenpatienten besonders achten
Das deutsche Gesundheitssystem verschlingt viel Geld, leistet dafür aber eher wenig. Mehrere Reformen und viele Vorschläge sollen das ändern. FOCUS online zeigt, worauf sich Kassenpatienten einstellen müssen – und was ihnen bleibt.
1. Bessere und günstige Behandlung, aber längere Wege
Das ist passiert: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat eine Krankenhausreform auf den Weg gebracht . Die Einrichtungen sollen klare Leistungsbereiche erhalten und transparent nach Qualität bewertet werden. Schlechte Krankenhäuser erhalten kein Geld mehr. Dies fließt in bessere Einrichtungen.
Das steckt dahinter: Derzeit zahle Deutschland viel für Krankenhäuser, biete im internationalen Vergleich aber eine eher schwache Versorgungsqualität, argumentiert Lauterbach. Die Reform soll den Wettbewerb zwischen Krankenhäusern fördern, schlechte Einrichtungen aussortieren und so Kosten senken sowie Behandlungen verbessern.
Die Daten belegen Lauterbachs Einschätzung: Die Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) zahlen seit vielen Jahren immer mehr für Krankenhausaufenthalte.
Das bedeutet es für Versicherte: Die Reform dürfte die Behandlungsqualität tatsächlich steigern und die Kosten senken oder zumindest weitere Steigerungen verhindern. Nachteil für Patienten: Fällt die schlechte Hüft-OP im Krankenhaus um die Ecke weg, müssen sie bis zur nächsten guten Einrichtung womöglich weiterfahren. Sicherer und günstiger, aber unbequemer.
Wie wahrscheinlich kommt die Änderung? Sicher. Bund und Länder haben sich auf die wichtigsten Punkte geeinigt.
2. Weniger unnötige Behandlungen
Das ist passiert: Ein weiterer Punkt in Lauterbachs Krankenhausreform ist das Ende der Fallpauschalen. Krankenhäuser sollen künftig nicht mehr ausschließlich für die Behandlung bezahlt werden, sondern zu einem Großteil für das Halten der Leistungen – ähnlich einer Feuerwehr.
Das steckt dahinter: Patienten und Ärzte bemängeln seit Jahren den Zeitdruck durch Fallpauschalen. Wer pro Patient bezahlt wird, muss schnell viele Kranke behandeln, um zu überleben. Das schadet der Qualität.
Außerdem motivierte das alte System Ärzte laut Kritikern zu möglichst vielen und großen Eingriffen: Eine OP bringt mehr Einnahmen als eine ambulante Behandlung. Auch führten Ärzte teils überflüssige OPs durch.
Das bedeutet es für Versicherte: Das neue System soll unnötige Behandlungen vermeiden. Patienten könnten sich künftig darauf verlassen, aus medizinischen und nicht aus finanziellen Gründen behandelt werden, sagt Lauterbach. Weniger unnötige Behandlungen bremsen auch Kosten und Beiträge.
Wie wahrscheinlich kommt die Änderung? Ebenfalls sicher, weil Teil der im vorangegangenen Punkt angesprochenen Krankenhausreform.
3. Homöopathie selbst bezahlen
Das ist passiert: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wird Kassenpatienten homöopathische Behandlungen selbst zahlen lassen. In einer wissenschaftsbasierten Gesundheitspolitik hätten diese Leistungen „keinen Platz“, sagte er dem „Spiegel“. Derzeit bieten einige Krankenkassen die Erstattung homöopathischer Arzneimittel als Zusatzleistung an.
Das steckt dahinter: Homöopathische Behandlungen sind Behandlungen, deren Wirksamkeit nicht wissenschaftlich bewiesen ist. Übernehmen Sie von Krankenkassen homöopathische Leistungen, zahlen Sie einige versicherte andere nutzlose Medikamente, argumentieren Kritiker.
Das bedeutet es für Versicherte: Die wenigsten Versicherten nutzen Homöopathie-Angebote. Der Wegfall betrifft auch kaum jemanden. Er senkt aber auch die Beiträge nicht: Im Jahr 2020 zahlten GKV laut Bundesgesundheitsministeriums rund 6,7 Millionen Euro für Homöopathie – wohl weniger als ein Hundertstel eines Prozents aller Ausgaben.
Wie wahrscheinlich kommt die Änderung? Wahrscheinlich. Neben Lauterbach kritisiert auch die FDP Homöopathie-Zahlungen seit Längerem. Die Grünen sind vorsichtiger, aber die Mehrheit der Koalition scheint hinter der Abschaffung zu stehen. Derzeit prüft das Gesundheitsministerium die Abschaffung.
4. Höhere Selbstbeteiligung?
Das ist passiert: Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen fordert eine hohe Selbstbeteiligung für Kassenpatienten: Sie sollten „künftig die ersten 800 Euro für Arztbesuche (ausgenommen stationäre OPs) selbst tragen“.
Das steckt dahinter: Den Kassen droht nach abgesicherten Finanzen in diesem Jahr für 2024 erneut ein Defizit. Versicherte müssen sich daher erneut auf steigende Beiträge einstellen. Raffelhüschens Ansatz soll Beitragssteigerungen vermeiden.
Das bedeutet es für Versicherte: Vieles an Raffelhüschens Vorschlag bleibt unklar: Auf welchen Zeitraum bezieht sich die Selbstbeteiligung? Quartal, Jahr, jede Behandlung? In jedem Fall wäre die Umsetzung kurzfristig wohl teurer als eine Beitragsanhebung. Gilt der Freibetrag pro Behandlung, wäre sie deutlich teurer.
Ob die Idee langfristig Kosten spart, ist unklar. Kritiker befürchten, dass Menschen seltener zum Arzt gehen könnten, was Krankheiten verursachte und später teure Folgekosten verursachte, die mit einer früheren Behandlung hätten werden können.
Wie wahrscheinlich kommt die Änderung? Unwahrscheinlich.wahrscheinlich Raffelhüschen hatte im Februar vorgeschlagen, dass gesetzliche Krankenversicherungen pro Jahr gestaffelt bis zu 2000 Euro Selbstbeteiligung zahlen sollen. Dies stieß auf breite Ablehnung. Auch nach der Senkung der Beteiligung auf 800 Euro erhielt er kaum Zustimmung.
5. Zahnarzt selbst bezahlen?
Das ist passiert: IKK-Chef Ralf Hermes forderte im Handelsblatt, „die komplette zahnärztliche Versorgung aus dem Leistungskatalog“ der Krankenkassen zu streichen.
Das steckt dahinter: Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen im Jahr 2022 rund 13 Milliarden Euro für Zahnbehandlungen – rund fünf Prozent der Gesamtausgaben. Hermes wird diese Kosten sparen, um die Kassen zu entlasten. Befürworter der Idee erhoffen sich davon einen langsameren Beitragsanstieg.
Kritiker sehen das anders: Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung spricht von einer „im Grunde völlig unsozialen und gegen jede wissenschaftliche Erkenntnis formulierte Forderung“. Die Parodontitis-Vorbeuge bremsen auch Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder rheumatoide Arthritis. Dadurch ersparen Sie sich teure Kosten für andere Behandlungen.
Das bedeutet es für Versicherte: Setzt die Politik den Vorschlag um, müssten Versicherte Zahnbehandlungen vollständig selbst zahlen oder eine Zusatzversicherung buchen. Denkbar wäre auch, dass einige Krankenkassen Zahnarztbesuche als Zusatzleistung weiterhin zahlen und dafür höhere Beiträge verlangen.
Wie wahrscheinlich kommt die Änderung? Gesundheitsminister Lauterbach glaubte Leistungskürzungen bei Twitter entschieden ab. Drastische Eingriffe wie ein Ende der Zahnarzt-Übernahme scheinen daher derzeit ausgeschlossen.
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Quelle:FOCUS online