Marktbericht
Auf dem Börsenparkett fehlt weiterhin ein Impuls, der Anleger zum Aktienkauf bewegen könnte. Vor wichtigen Notenbank-Entscheidungen an den kommenden Tagen halten sie sich lieber zurück, der DAX pendelt seitwärts.
Knapp über die Marke von 16.200 Punkten hat es der deutsche Leitindex zumindest zeitweise bis zum Mittag geschafft. Der DAX setzt damit seine Seitwärtsbewegung in der engen Handelsspanne von gestern fort.
Investoren warten morgen auf den Zinsentscheid der US-Notenbank Fed. Die Märkte haben sich auf eine Zinserhöhung um einen Viertel Prozentpunkt eingestellt. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird am Donnerstag voraussichtlich ebenfalls erneut die Zinsen um einen Viertel Prozentpunkt erhöhen, davon gehen Experten aus. „Solange die wichtigsten Notenbanken der Welt den Fuß auf dem Bremspedal lassen, erwarten Anleger keine Sprünge beim Wirtschaftswachstum. Der Fokus liegt deshalb eher auf der Analyse gemeldeter Konjunkturdaten“, meint Marktanalyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets.
Nach einem rund zweiwöchigen Kurshaus an der Wall Street sieht es heute zunächst nach einem behauptetem Start der Börsen in New York aus. In der Hoffnung auf gute Bilanzen hatten große Technologiekonzerne die Indizes gestern erneut Gewinne verbucht. Heute stehen im Tagesverlauf Geschäftszahlen des Softwarekonzerns Microsoft und der Google-Mutter Alphabet an. Auch der Streaming-Anbieter Spotify und der Autokonzern General Motors (GM) legen Zahlen vor.
Vor den Entscheidungen der Notenbanken gibt es auch am Devisenmarkt wenig Bewegung. Der Euro pendelt weiterhin unter der Marke von 1,11 Dollar und notiert derzeit bei 1,1065 Dollar. Die Ölpreise tendieren weiter fest. Die Nordsee-Sorte Brent kostet derzeit knapp 83 Euro je Barrel. Damit liegen die Preise auf dem höchsten Stand seit drei Monaten.
Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Juli erneut verschlechtert. Der ifo-Geschäftsklimaindex liegt zum Vormonat um 1,3 Punkte auf 87,3 Zählungen. Es ist die dritte Warnung des Konjunkturbarometers in Folge. Ökonomen interpretieren drei Rückgänge hintereinander normalerweise als konjunkturellen Wendepunkt nach unten. Analysten hatten im Schnitt mit einem geringeren Nachteil auf 88,0 Punkte gerechnet. „Die Lage der deutschen Wirtschaft verdüstert sich“, kommentierte ifo-Präsident Clemens Fuest. Die aktuelle Lage wurde von den rund 9000 befragten Unternehmen deutlich schlechter bewertet, die künftigen Geschäftsaussichten fielen dagegen nur geringfügig schwächer aus.
Im Leitindex gehören die Titel von Beiersdorf, Infineon und Zalando zu den Gewinnern. Verluste gibt es derzeit vor allem bei den Aktien von Vonovia und der Deutschen Post.
Spitzenreiter im DAX bleibt aber die Adidas-Aktie, die zurzeit vier Prozent gewinnt. Der Sportartikelkonzern hatte am Abend seine Ergebnisprognose nach oben korrigiert. Verantwortlich ist der besser als erwartete Abverkauf seines Bestandes von Produkten der „Yeezy“-Reihe. Adidas hatte sie einst gemeinsam mit dem Skandalrapper Kanye West auf den Markt gebracht. Nun soll der erwartete Verlust 2023 geringer ausfallen, teilte das Unternehmen gestern Abend mit. Adidas geht für das Jahr von einem negativen Betriebsergebnis von 450 Millionen Euro aus nach zunächst geschätzten 700 Millionen Euro.
Zunächst mit Verlusten gestartet, verbuchen Titel des Pharma- und Chemiekonzerns Bayer mittlerweile Gewinne von 1,5 Prozent. Wegen der schwachen Geschäfte mit Pflanzenschutzmitteln wie dem Unkrautvernichter Glyphosat hat Bayer am Abend seine Jahresziele zusammengestrichen. Demnach nimmt der Konzern eine Abschreibung auf sein Glyphosat-Geschäft in Höhe von 2,5 Milliarden Euro vor, was zu einem Verlust von zwei Milliarden Euro im zweiten Quartal führen würde.
Der juristische Streit über die milliardenschweren Corona-Staatshilfen für die Lufthansa geht weiter. Das Unternehmen hat Berufung gegen das Urteil des EU-Gerichts eingelegt, wonach die EU-Kommission die Hilfen des deutschen Staats nicht hätte genehmigen dürfen. Das Gericht hatte der EU-Kommission in seinem Urteil aus dem Mai „offensichtliche Beurteilungsfehler“ vorgehalten und die Genehmigung für nichtig erklärt. Geklagt hatten die Konkurrenten Ryanair und Condor. Es geht um ein Teil-Paket von sechs Milliarden Euro aus stillen Beteiligungen und einem Aktienpaket, das vom Bundeseigenen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) gehalten wurde.
Die hohe Nachfrage nach Fachkräften treibt die Geschäfte des Personaldienstleisters Amadeus Fire an. Der Umsatz des Unternehmens legte im zweiten Quartal um 7,8 Prozent auf 216,7 Millionen Euro zu, operativ verdiente Amadeus mit 32,9 Millionen Euro 10,3 Prozent mehr. Der Vorstand erwarte eine Fortsetzung der positiven Entwicklung und bestätige daher seine Jahresziele, die ein Ebita von 73 bis 79 (Vorjahr: 68) Millionen Euro vorsehen. Die Aktie aus dem Nebenwerteindex SDAX verliert dennoch deutlich.
Die Übernahme der Software AG durch den Investor Silver Lake hat Folgen für die Indexzugehörigkeit der Aktien des Darmstädter Unternehmens. Die Papiere sind heute aus dem MDAX und dem TecDAX gefallen. Neu im Index mittelgroßer Werte ist dafür der Automobilzulieferer Vitesco, der aus dem SDAX aufsteigt. Für Vitesco kehrt der Fußballklub Borussia Dortmund in den SDAX zurück. Durch die Übernahme war der Streubesitz bei Software AG unter die für eine Indexberücksichtigung notwendige Schwelle von zehn Prozent gesenkt.
Der Zug-Hersteller Alstom kann zum Auftakt seines neuen Geschäftsjahres deutlich mehr Bestellungen vorweisen als erwartet. Obwohl der Wert der Auftragseingänge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast ein Drittel auf 3,9 Milliarden Euro zurückging, hatten die Fachleute nur noch mit etwa der Hälfte des Vorjahreswertes gerechnet. Der Umsatz der Monate April bis Juni kletterte um 4,3 Prozent auf knapp 4,2 Milliarden Euro. Organisch, auch ohne Wechselkurs- und andere Sondereffekte, fällt das Plus noch kräftiger aus. Alstom stützt sich neben Geschäften in Europa, Brasilien und Kasachstan auf sein Dienstleistungsgeschäft in Nordamerika und in Italien.
Der britische Konsumgüterkonzern Unilever hat dank Preiserhöhungen besser abgeschnitten als erwartet. Der Bereinigte Umsatz wuchs im zweiten Quartal um 7,9 Prozent auf 15,7 Milliarden Euro, deutlich stärker als Analysten erwartet hatten. Für das Gesamtjahr erwartet Unilever ein bereinigtes Umsatzwachstum von mehr als fünf Prozent, was über die mehrjährige Spanne des Unternehmens liege. Lebensmittel- und Konsumgüterkonzerne haben die Preise erhöht, um damit steigende Kosten für Energie und Rohstoffe abzufedern.