Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz Nach den jüngsten Wahlerfolgen der AfD wurde auf kommunaler Ebene klargestellt, dass es hier auch zu Kooperationen mit seiner Partei kommen kann. In Thüringen, im Landkreis Sonneberg, sei nun ein Landrat von der AfD gewählt worden. „Natürlich muss dann in den Kommunalparlamenten nach Wegen gesucht werden, wie man die Stadt, den Landkreis gestaltet“, betonte Merz am Sonntag im ZDF.
Das Verbot einer Zusammenarbeit bezieht sich auf „auf gesetzgebende Körperschaften, das betrifft im Übrigen auch das europäische Parlament, den Bundestag, den Landtag.“ Auf die Frage, ob er damit die strikte Abgrenzung, die sogenannte Brandmauer, etwas aufgebe, betonte Merz im Sommerinterview der Sendung „Berlin direkt“: „Ich habe das nicht aufgegeben, aber wir sind verpflichtet, demokratische Wahlen anzuerkennen.“ Er machte deutlich wiederholt, die Absage beziehe sich auf gemeinsame Bündnisse auf Bundes- oder Landesebene, die Drohung von Parteiausschluss-Verfahren beim Handeln gegen diese Linie bleibe bestehen.
Aber er grenzte davon Entscheidungen auf kommunaler Ebene ab. „Auf der kommunalen Ebene ist die Parteipolitisierung ohnehin ein bisschen zu weit vorangeschritten“, sagte Merz in dem am Sonntag im Kloster Wedinghausen in Arnsberg aufgezeichneten Interview.
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, reagierte mit scharfer Kritik an der Lockerung des alten Kurses. „Ein Jahr vor den Landtagswahlen in Ostdeutschland sind die Äußerungen von Friedrich Merz bestürzt. Er reißt damit das Fundament der Brandmauer der Union gegen rechts ein“, sagte Wiese der Süddeutschen Zeitung. „Das wirkt wie ein Freifahrtschein für diejenigen in der CDU „Im Osten, die immer schon eine Zusammenarbeit ins Auge gefasst haben.“
„Wir messen uns nicht an der AfD“
Versuche, die AfD zu verbieten, lehnte Friedrich Merz ab: „Parteiverbote haben noch nie dazu geführt, dass man ein politisches Problem löst.“ Mit Blick auf seinen jüngsten – aus dem Zusammenhang gerissenen und daher teils missinterpretierten Satz – die Union sei die „Alternative für Deutschland – mit Substanz“ betonte Merz: „Wir messen uns nicht an der AfD.“ Die Union sei die größte Oppositionsfraktion im Deutschen Bundestag. „Damit sind wir die Alternative gegen diese Bundesregierung. Wir müssen Konzepte liefern, Vertrauen gewinnen, auch zurückgewinnen.“ Das sei ein schwerer Weg. In Umfragen liegt die AfD fast bei allen Institutionen bei über 20 Prozent und zum Teil nur noch vier Punkte hinter der Union.
Merz betonte, die Flüchtlingszahlen müssten rasch gesenkt werden. Zum Vorschlag der Partei seiner Kollegien Thorsten Frei, Notfalls das Individualrecht auf Asyl abzuschaffen und Obergrenzen mit festen Kontingenten einzuführen, sagte der Sauerländer: „Ich halte den Vorschlag für eine sehr gute, erwägenswerte Idee.“ Vom Individualrecht auf Asyl würden vor allem junge Männer profitieren, die sich auf den Weg machen, aber weniger Alte, Frauen und Kinder. Zudem sprach er sich für mehr Grenzkontrollen aus, vor allem an den Grenzen zu Polen und Tschechien.
Auf den 67 Jahren alten Merz war zuletzt der Druck gewachsen, da die Union bisher kaum von der Schwäche der Ampel-Regierung von SPD-Kanzler Olaf Scholz kompetent und in Umfragen bei 26 bis 28 Prozent liegt.
Anhänger eines liberaleren Kurses in der Tradition Angela Merkels, wie der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst, hatte zuletzt die aktuelle Ausrichtung der Partei in Frage gestellt. Wüst regierte in Merz‘ Heimat mit den Grünen, die der CDU-Chef aber zu einem Hauptgegner ausgerufen hatte. „Ich habe die Bundespolitik gemeint, nicht die Landespolitik“, sagte Merz dazu. Man könnte mit den Grünen auf Landesebene offenbar gut zusammenarbeiten.
Aber im Bund würden sie immer wieder versuchen, mit Verboten und Auflagen Politik zu machen. „Wir sind mitten in einem Prozess der Deindustrialisierung dieses Landes“, sagte Merz. Die Belastungen, gerade im Energiebereich, müssten gesenkt werden, Überstunden werden von der Einkommenssteuer freigestellt. Namentlich warf er mit Blick auf das geplante Werbeverbot für bestimmte, ungesunde Lebensmittel dem Grünen-Agrarminister Cem Özdemir vor, die Bürger zu gängeln: „Wir müssen raus aus diesen ständigen Verboten.“
Quelle:Topthemen – SZ.de